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«Auch Lücken im CV sind Erfahrungen» – Ralph Balmer, Head of Group Human Resources bei Meyer Burger

Als Head of Group Human Resources bei Meyer Burger weiss Ralph Balmer, worauf es bei einer Bewerbung ankommt. Warum freiwillige Aktivitäten den Aus...

  • 26. Oktober 2020
  • 6 Min. Lesezeit
  • Max

Als Head of Group Human Resources bei Meyer Burger weiss Ralph Balmer, worauf es bei einer Bewerbung ankommt. Warum freiwillige Aktivitäten den Ausschlag geben können und warum er nicht an Lücken im Lebenslauf glaubt, hat er uns im Interview erzählt.

Ralph Balmer, Head of Group Human Resources bei Meyer Burger

Herr Balmer, worauf achten Sie besonders bei einer Bewerbung?
Wir achten vor allem auf die Vollständigkeit. Es ist wichtig, dass nichts fehlt, sondern alles dabei ist, was wir verlangen: Wenn beispielsweise ein vollständiges CV inklusive Motivationsschreiben, Zeugnissen und Diplomen erwartet wird, sollte das auch so eingereicht werden. Dazu kommt, dass wir – ganz unabhängig von der jeweiligen Stelle – auf die Stimmigkeit schauen: Ist der Lebenslauf schlüssig, macht er Sinn, ist ein roter Faden zu erkennen? Und schliesslich achten wir natürlich darauf, ob der Kandidat die Bewerbungskriterien erfüllt – von Ausbildungen bis hin zur Erfahrung. Die Aspekte, die gefragt sind, sollten aus dem CV deutlich hervorgehen.

Wie gewinnt man mit einer Bewerbung Ihre Aufmerksamkeit? Gibt es etwas, das sie besonders schätzen oder spannend finden?
Aufmerksamkeit gewinnt man durch eine kurze, vollständige Bewerbung. Sie können sich sicher ungefähr vorstellen, welchen Aufwand es bedeutet, eine 12-seitige Bewerbung durchzuarbeiten – genau deshalb ist eine Bewerbung, die beispielsweise auf der ersten Seite den CV als One-Pager zusammenfasst, für uns Personaler interessant. Wenn der Lebenslauf das Interesse geweckt hat, kann man immer noch weiterblättern und sich die Details anschauen. Wenn ich aber erst nach sieben Seiten auf die wesentlichen Punkte komme, dann stört das. Eine übersichtliche Zusammenfassung auf einer Seite ist Werbung für den Kandidaten.

Was empfehlen Sie Bewerbern, die Lücken im Lebenslauf haben?
Man muss sie erklären können. Es muss plausibel sein und Sinn machen, warum man vielleicht eine Lücke im Lebenslauf hat. Die Frage, die ich mir als Personaler stelle, ist ja: Was ist überhaupt eine Lücke im Lebenslauf? Man hat schliesslich irgendetwas aus irgendeinem Grund gemacht – somit ist jede «Lücke» auch irgendwo eine Erfahrung. Einer hat vielleicht eine einjährige Weltreise gemacht, ein anderer während eines Sabbaticals ein Restaurant geführt. Diese Dinge werden von Personalern vielleicht oft als Lücke empfunden, aber ich denke, dem ist nicht so: Es sind Erfahrungen. Wichtig ist, was man daraus gemacht hat. Bewerber müssen das ganz einfach erklären können. Denn jede Erfahrung gibt ja einen Nutzen, und diesen muss man auch so darstellen.

Wie wichtig sind für Sie freiwillige Engagements oder Aktivitäten? Etwa eine Mitgliedschaft in einem Verein oder die Arbeit für eine gemeinnützige Organisation?
Das ist eine gute Frage. Grundsätzlich sind diese Dinge nicht entscheidend, weil man bei der Bewerbung ja vorwiegend auf andere Qualifikationen schaut. Wenn man aber beispielsweise zwei gleich gute Kandidaten hat, können solche Aktivitäten durchaus ein ausschlaggebendes Kriterium sein. Denn so zeigt ein Bewerber, dass er engagiert ist, dass er «out of the box» denkt, und dass er versucht, sein Wissen oder seine Erfahrung irgendwo einzubringen. Und wenn jemand ganz generell bereit ist, in seiner Freizeit Vereinsaktivitäten oder ähnlichem nachzugehen, ist das genau dieses Zusatzengagement, welches mir gefällt. Ich würde aber natürlich nie jemanden einstellen, der zwar vielen Vereinsaktivitäten nachgeht, aber von der Ausbildung oder vom Lebenslauf her nicht passt – es kann ein zusätzliches Plus sein, aber keine fachlichen Kriterien ersetzen.

Googeln Sie Bewerber, bevor Sie sie zum Gespräch einladen?
Nicht systematisch. Das bleibt letztlich jedem Recruiter selbst überlassen. Wenn man über einen Bewerber Informationen auf LinkedIn oder Xing einholt, geht es um die Stimmigkeit gegenüber dem CV. Ich erlebe oft, dass die Titel oder Daten auf LinkedIn und dem CV nicht übereinstimmen: Das gibt schon mal Anlass zum Fragen im Gespräch. Letztlich muss jeder Bewerber selbst entscheiden, welche Daten er ins Netz stellt.

Was ist Ihre Lieblingsfrage im Vorstellunggespräch, mit der Sie viel über einen Kandidaten erfahren?
Es gibt zwei Fragen, die ich gerne stelle. Meine Lieblingsfrage ist: «Wenn Sie auf der grünen Wiese ihren eigenen Job designen könnten, wie würde der aussehen?» Und die zweite Frage: «Wenn Sie diesen Job machen und ich dann zu Ihnen komme und sage: ‚Sie müssen 20% von ihrer Tätigkeit abgeben’. Was wäre das?» So möchte ich herausfinden, welche Tätigkeiten der Bewerber weniger gerne ausübt.

Wenn ich nach einem Bewerbungsgespräch vergeblich auf eine Rückmeldung warte – sollte ich irgendwann nachhaken, wie der Status meiner Bewerbung ist?
Ja, unbedingt. Beim Abschluss des Gesprächs sollte man etwas vereinbaren – eine Frist von einer Woche beispielsweise. Ich empfehle jedem Bewerber, nachzufragen, bis wann er ein Feedback erhält. Denn Bewerbung ist Werbung. Nicht nur der Bewerber muss sich in einem guten Licht darstellen, sondern auch die Firma. Der Bewerbungsprozess ist eine Visitenkarte des Unternehmens. Es heisst ja nicht zufällig Personalgewinnung: Man muss Bewerber gewinnen können. Dazu gehört auch ein zuvorkommender Umgang nach dem Gespräch. Nichts ist schlimmer, als einen Bewerber einfach im luftleeren Raum hängen zu lassen – das wirft ein schlechtes Licht auf die Firma.

Was schätzen Sie persönlich besonders an Meyer Burger als Arbeitgeber?
Dass Pioniergeist, Liebe zum Produkt und Gestaltungsspielraum gross geschrieben werden. Daneben die hohe Internationalität und dass wir als Schweizer Unternehmen in einer industriellen Branche so gut positioniert sind. Das ist ein starker Attraktivitätsfaktor.

Wem empfehlen Sie einen Einstieg bei Meyer Burger? Wem eher nicht?
Ich empfehle Leuten den Einstieg, die eine sehr starke Faszination für Technik und Produktion haben und die mit ihrer Tätigkeit aktiv an der Zukunft des Energiemixes arbeiten wollen. Das ist eine tolle Herausforderung, denn die Welt wird in den nächsten 15 Jahren ca. 50% mehr Energie benötigen als heute. Solarenergie ist dabei die am schnellsten herstellbare Energie. Unsere Employee Value Proposition (EVP) ist: Zukunftstechnologie mitgestalten. Menschen, die aktiv mitgestalten wollen, sind hier sehr willkommen.

Welche Studienabschlüsse sind bei Ihnen besonders gefragt?
Als Maschinenbauunternehmen mit Produktionsstandorten sind natürlich Ingenieurwissenschaften, Maschinenbau und Wirtschaftswissenschaften nahe an unseren Profilen. Jedoch sind wir als internationales Unternehmen mit rund 1600 Mitarbeitenden breit genug aufgestellt, um für ganz verschiedene Disziplinen attraktiv zu sein. Da unser Headquarter in Thun ist, sind gruppenweite Funktionen wie Legal, Finance, HR etc. ebenfalls gefragt.

Meyer Burger ist ein weltweit tätiges Unternehmen. Dementsprechend haben Mitarbeiter sicher die Möglichkeit, internationale Erfahrungen zu sammeln?
Das ist richtig. Wenn Mitarbeiter ins Ausland wollen, unterstützen wir das. Das reicht von Projekteinsätzen bis zu längeren Aufenthalten im Rahmen von International Assignments. Auch bieten wir Lernenden an, ein paar Wochen in China zu verbringen, um dort in der Produktion und bei der Ausbildung zu unterstützen. Meyer Burger beschäftigt ca. 40 Lernende am Standort Thun. Von einem Studenten oder Absolventen kann man natürlich nicht erwarten, dass er schon Erfahrung mitbringt. Aber wenn jemand bereit ist, im Rahmen seiner Karriere auch mal ins Ausland zu gehen oder für eine gewisse Zeit im Ausland zu leben, dann ermöglichen wir das.

Was möchten Sie heutigen Studierenden noch mit auf den Weg geben?
Seid hungrig auf eure Ausbildung! Macht sie nicht aus Bequemlichkeit oder aus Prestigegründen, sondern studiert etwas, wobei ihr wirklich die Liebe zum Fach entwickelt – oder vielleicht auch schon habt. Nur dann kann man wirklich gut sein und später auf dem Arbeitsmarkt zum gefragten Experten werden. Irgendetwas zu studieren, was man gar nicht will, führt zum Boomerang Effekt: Es kommt zurück, indem man in seinem Beruf nichts zur Höchstform auflaufen wird. Leidenschaft ist ein starker Motor!