«Hallo, ich bin neu hier» – Wie ihr euren Job erfolgreich startet

Erster Tag beim Praktikum oder beim ersten richtigen Job. Was ziehe ich an? Wie verhalte ich mich? Wie gehe ich auf meinen Vorgesetzten zu, wenn ic...

  • 11. Februar 2020
  • 4 Min. Lesezeit
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Erster Tag beim Praktikum oder beim ersten richtigen Job. Was ziehe ich an? Wie verhalte ich mich? Wie gehe ich auf meinen Vorgesetzten zu, wenn ich ein Problem habe? Girls Drive sprach mit Christiane Jestädt, die seit mehr als 15 Jahren in der Medienbranche tätig ist und von ihren Erfahrungen rund ums Thema «Neu hier» berichtet.

Von Isabel Steinhoff

Frau Jestädt, wie war eigentlich Ihr erster Arbeitstag?

Dadurch, dass ich bei der gleichen Firma schon ein Praktikum absolviert hatte, wurde ich eigentlich mit offenen Armen empfangen, denn die meisten kannten mich bereits. Und ich kannte meine Chefin schon gut, was sehr angenehm war. Normalerweise kennt man sich nur aus den kurzen Bewerbungsgesprächen. Aber man wird am Anfang erst mal eingehend unter die Lupe genommen: Wer ist das? Kann die was?

Und wie sollte man sich dann verhalten?

Ich denke, man sollte trotz Nervosität man selbst sein, offen und kommunikativ auf die anderen Mitarbeiter zugehen und Hilfsbereitschaft zeigen. Zudem ist es besser, vorbereitet zu kommen, also sich vorher zu informieren, was das Unternehmen genau macht und wie die Gepflogenheiten bzw. der Dresscode so sind. Dann kann man auch spezifische Fragen stellen: Das zeigt einerseits Interesse und intrinsische Motivation, andererseits entwickelt man sich so schneller weiter und lernt mehr. Ein Praktikum beinhaltet manchmal auch unschöne Aufgaben, aber das gehört dazu. Die Anderen merken schnell, ob man motiviert ist, und geben einem dann auch andere Aufgaben. Deshalb ist es auch wichtig, Interesse an der Arbeit und an den Kollegen zu zeigen. Man sollte diese Chance unbedingt nutzen, um erste Praxiserfahrung zu sammeln und Kontakte zu knüpfen.

Das heisst dann auch, an den Events ausserhalb der Arbeitszeiten teilzunehmen, z.B. die Kollegen auf einen Feierabenddrink zu begleiten?

Genau, die Kollegen laden im Normalfall die Neuen oder die Praktikanten ja auch ein. Auf jeden Fall mitgehen, die Leute kennenlernen und Kontakte knüpfen. Man weiss nie, wofür das später noch gut ist. Ausserdem bekommt man nur so auch ein Gefühl dafür, wie das Unternehmen «tickt».

Und was wären für eine Einsteigerin die grössten No Gos?

Bezüglich Dresscode muss man sich der Branche selbstverständlich anpassen. Wer unsicher ist, kann auch im Vorstellungsgespräch nachfragen, welcher Kleidungsstil wann erwartet wird. Im superkurzen Mini und mit tiefem Ausschnitt sollte man aber eigentlich nirgendwo aufkreuzen, wenn man ernstgenommen werden möchte.

Sehr zentral ist auch das Thema Hierarchie: Wenn man in eine Abteilung kommt, wird schnell deutlich, dass es um mehr geht als bloss um die Arbeit. Da sind Menschen, die sich verstehen oder eben nicht und die Politik bzw. Machtspiele betreiben. Als Neuling sollte man diese Gefüge zunächst mit einem gewissen Abstand beobachten und sich unbedingt zurückhalten, bis man selbst «mitspielt». Ich selbst bin kein grosser Fan von Politik im Büro, aber sie ist auch ein Faktor im Arbeitsleben. Man muss lernen, damit umzugehen.

Am Anfang ist oft der Vorgesetzte die erste Ansprechperson, da man ihn/sie schon aus dem Vorstellungsgespräch kennt. Wie soll man auf diesen zugehen, wenn man ein arbeitsbezogenes Problem hat?

Es kommt ein wenig darauf an, wie zugänglich der Chef ist. Essenziell ist hierbei, möglichst proaktiv und offen zu sein. Auf jeden Fall auch sachlich bleiben, das heisst: Auch wenn es schwer fällt, sollte man die Emotionen möglichst aussen vor lassen. Am besten bereitet man sich im Vorfeld auf das Gespräch vor, dann ist man sich seiner Gefühle bewusst und kann diese besser kontrollieren. Ausserdem kann man so vielleicht schon eine konkrete Lösung vorschlagen, was die Sache für beide Parteien vereinfacht.

Und bei einem zwischenmenschlichen Problem?

Da würde ich zuerst mit den betreffenden Kollegen sprechen. Erst wenn das nichts nutzt, sollte der nächste Vorgesetzte eingeschaltet werden. In meiner ersten Firma habe ich auch mal eine solche Erfahrung gemacht: Ein älterer Mitarbeiter war der Ansicht, dass es jetzt meine Aufgabe sei, ihm seinen Kaffee zu bringen. Und das, obwohl ich bereits fest angestellt war. Da habe ich dann ganz entschlossen und bestimmt nein gesagt. Dass er nachher nicht mehr mit mir geredet hat, war dann für mich auch okay.

War das vielleicht so ein typisches Männergehabe à la «Oh, die kleine Neue kann mir man den Kaffee machen»?

Genau, sehr typisch. Aber meine Chefin war sehr begeistert von mir und hat mir in dieser Hinsicht auch immer Rückendeckung gegeben. Man muss einfach Grenzen aufzeigen, freundlich aber entschlossen. Man sollte lernen, sich selbst zu behaupten, auch wenn das am Anfang schwer sein kann. Das ist für das weitere (Berufs-)Leben unerlässlich.

Was darf ich denn von meinem Vorgesetzten erwarten als «Neue»?

Zuwendung durch den Chef ist immer eine Zeitfrage. Meistens ist man als Chef ja viel beschäftigt – da bleibt nicht viel Zeit für persönliches Mentoring. Deshalb finde ich es gut, wenn man Einsteigerinnen oder Praktikantinnen eine «Gotte» (oder einen «Götti») zur Seite stellt. Diese ist dann die erste Ansprechperson bei Fragen und Problemen; oder auch, wenn man eine gute Idee hat. Ich bin immer sehr offen auf meine Kollegen und Vorgesetzten zugegangen, wenn ich eine Idee hatte. Dann haben die sich aber auch die Zeit genommen für mich, da ich Interesse und Ausdauer gezeigt habe. Diese Eigenschaften sollte man auch haben, wenn man weiterkommen möchte.

Das Interview ist in der GIRLS DRIVE Ausgabe 2 (Herbst 2013) erschienen.