Eine Historikerin goes Fashion

Es ist nicht immer ganz einfach, seinen eigenen Weg zu finden. Einen Weg, der zu beruflichem Erfolg führt. Oft muss man Umwege gehe, um ans Ziel zu...

  • 16. Februar 2020
  • 5 Min. Lesezeit
  • Max

Es ist nicht immer ganz einfach, seinen eigenen Weg zu finden. Einen Weg, der zu beruflichem Erfolg führt. Oft muss man Umwege gehe, um ans Ziel zu kommen, manchmal ist es wie auf der Autobahn und alles geht ganz schnell, und dann wieder steckt man in einer Sackgasse. Girls Drive hat Frauen, die bereits einen Teil des Weges erfolgreich zurückgelegt haben, gebeten, von ihrer Reise zu erzählen.

Carmen Platonina, 28, ist Marketing & PR Manager Schweiz/Westösterreich, Wolford. Sie hat Geschichtswissenschaft und Philosophie in Bielefeld und München studiert. Ihren ersten Job hatte sie als Retail Marketing Manager bei Gerry Weber. Ihren beruflichen Kindheitstraum, Radiomoderatorin oder Journalistin zu werden, hat sie nicht weiter verfolgt. Sie ist in der Textilbranche glücklich.

Meine Ausbildung war sehr spannend, weil mir lange nicht wirklich bewusst war, wo die Reise hingehen soll. Ich habe Geschichte und Philosophie studiert, da ich ursprünglich Journalistin werden wollte und mich für diese beiden Bereiche besonders interessiert habe. Jedoch habe ich bereits nach dem ersten Praktikum gemerkt, dass dieser Job nichts für mich ist. Die Fachrichtung wollte ich aber in keinem Fall ändern. Durch Praktika in den unterschiedlichsten Bereichen – zum Beispiel in einer Personalberatung und in der Geschäftsstelle eines Forschungsinstituts für kognitive Interaktionstechnologie – habe ich dann vor allem herausgefunden, was ich nicht mochte. Es hat mir sehr geholfen, bestimmte Dinge auszuschliessen, um mich so auf andere Interessen zu konzentrieren. Ich habe schnell gemerkt, dass ich kommunikativ bin und Freude daran habe, Netzwerke zu knüpfen und auszuweiten. Auch einschlägig war für mich ein Nebenjob als Aushilfe in der Abteilung für Damenoberbekleidung in einem grossen Münchner Warenhaus, da ich durch diese Tätigkeit meine Liebe zu Textilien und zur Mode entdeckt habe und erstmals eine konkrete Vorstellung davon bekam, für welche Branche ich gerne arbeiten würde. Daher habe ich mich im Rahmen des Master-Studiums auf Modegeschichte spezialisiert.

Im Nachhinein bin ich sehr froh, dass ich diesen Weg gegangen bin. Die vielen Praktika haben mir die Möglichkeit gegeben, mich zu orientieren, und neben den gesammelten Erfahrungen sind in dieser Zeit einige enge Freundschaften entstanden. Ich bin sehr dankbar, dass diese Menschen ein Teil meines Lebens geworden sind. Zwar habe ich mich während meines Studiums gelegentlich gefragt, ob ich den richtigen Weg eingeschlagen habe, im Nachhinein würde ich jedoch nichts anders machen.

Der Einstieg ins Berufsleben kam für mich früher als erwartet. Ich hatte gerade ein Praktikum in Washington absolviert und arbeitete an meiner Master-Arbeit über Modefotografie in der DDR, als ich einen Anruf von der Personalberatung erhielt, bei der ich einige Jahre zuvor ein Praktikum absolviert hatte. Gerry Weber suchte eine Assistentin für die Retail Geschäftsführung und man fragte mich, ob ich meinen Lebenslauf schicken könnte. Einige Wochen später wurde ich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Die Stelle als Assistenz habe ich nicht bekommen, aber mein Lebenslauf wurde intern weitergereicht und wenige Wochen später wurde ich erneut zu einem Vorstellungsgespräch – diesmal im Marketing – eingeladen. Schliesslich habe ich den Job als Retail Marketing Managerin bekommen. Meine Master-Arbeit habe ich nebenbei zu Ende ge-schrieben.

Der Einstieg in den Job war nicht immer einfach. Zum einen unterscheidet sich der Alltag an einer Universität stark von dem in einem Konzern. Zum anderen kam ich mit meinem Geschichtsstudium aus einer komplett anderen Fachrich-tung. Zwar brachte ich die Grundvoraussetzungen für diesen Job mit, dennoch musste ich mir in kurzer Zeit zusätzliches Fachwissen für diese Position aneignen – aber das geht vermutlich jedem Quereinsteiger so. Hinzu kam auch, dass ich mit 24 Jahren sehr jung war und es einige Zeit brauchte, mich vor Kollegen mit langjähriger Berufserfahrung zu behaupten. Rückblickend bin ich jedoch froh darüber, dass es so gekommen ist, weil ich in dieser Zeit sehr viel gelernt habe. Dafür bin ich sehr dankbar. Daher würde ich auch heute genau das Gleiche studieren. Das Geschichtsstudium ist sehr vielseitig, man erwirbt dadurch ein breites Allgemeinwissen, schärft seine analytischen Fähigkeiten und lernt, sich schnell in neue Themengebiete einzuarbeiten. Das hat mir immer sehr geholfen.

Nach dem ersten Studienjahr bekam ich eine Stelle als studentische Hilfskraft. Mein damaliger Professor hat mich stark gefördert und mir viele Freiheiten in der Arbeit gelassen. Das gab mir die Möglichkeit, mich unbefangen an neue Themen heranzuwagen. Ich bin ihm bis heute dankbar dafür, dass er immer an mich geglaubt hat. Während meiner Praktika gab es immer wieder Menschen, die mir viel mitgegeben haben, auch wenn der Lernprozess manchmal etwas hart war. Ich musste lernen, mit Kritik umzugehen, was mir anfangs schwer fiel. Erst mit der Zeit habe ich erkannt, wie förderlich dieser Prozess ist. Im Job war das ähnlich. Da gab es mehrere Personen, die mich gerade durch ihre Kritik sehr weitergebracht haben.

Ich vertrete die Ansicht, dass man etwas nicht aus Karrieregründen, sondern aus Begeisterung studieren sollte. Anfängliche fachliche Defizite im Job lassen sich ausgleichen. Ich bin der Meinung, dass man, langfristig gesehen, mehr Erfolg im Job und im Privatleben hat, wenn man Dinge tut, die einem Freude bereiten. Entsprechend sollte man auch gelegentlich bereit sein, bestimmte Türen zu schliessen.

Zum Schluss möchte ich euch gerne die fünf besten Tipps für eine glückliche und erfolgreiche Karriere mitgeben:

  • Wählt ein Studienfach, für das ihr euch begeistern könnt.
  • Versucht neben dem Studium, euren Horizont ausserhalb des Studienfachs zu erweitern, sei es durch ein Praktikum oder einen Auslandsaufenthalt. Ihr werdet nie wieder so viel Zeit dafür haben.
  • Sucht euch einen Mentor.
  • Knüpft Kontakte – und pflegt sie.
  • Versucht, Kritik positiv aufzunehmen, auch wenn das im ersten Moment vielleicht schwerfällt. Daraus lernt ihr am meisten.

Dieser Beitrag ist in der GIRLS DRIVE Ausgabe 8 (Frühling 2015) erschienen.