«Wir müssen reden!» 4 Tipps für die Gehaltsverhandlung
Sie gehört zum Bewerbungsprozess wie das Amen in der Kirche: Früher oder später kommt die Frage nach der Gehaltsvorstellung auf. Und obwohl jeder g...
- 6. August 2020
- 4 Min. Lesezeit
- Max

Sie gehört zum Bewerbungsprozess wie das Amen in der Kirche: Früher oder später kommt die Frage nach der Gehaltsvorstellung auf. Und obwohl jeder gerne mit einer vertretbaren, kompetenten und gut recherchierten Summe aufwarten würde, endet es oft vielmehr mit einem «Hmm, wie viel würden Sie denn bezahlen?» seitens des Bewerbers.
Wenn du die Gehaltsverhandlung so angehst, wird dir am Ende das gezahlt, was das Unternehmen zahlen möchte – was meistens weniger ist als das, was du dir gewünscht hättest (und oft auch weniger als das, was angebracht wäre). 4 Tipps, mit denen du beim nächsten Mal für eine der wichtigsten und schwierigsten Fragen des Bewerbungsprozesses gewappnet bist:
1. Dein Marktwert ist entscheidend
Auch wenn es befremdlich klingen mag: Als Arbeitnehmer hast du einen bestimmten Marktwert, ähnlich wie ein Haus oder ein Auto. Dieser Wert bemisst sich daran, wie andere Arbeitnehmer deiner Branche mit vergleichbarem Hintergrund und Qualifikationen bezahlt werden. Was du in deinem letzten Job erreicht oder gezahlt bekommen hast, ist dabei nebensächlich.
Um herauszufinden, welches Gehalt für deine angestrebte Position angebracht ist, solltest du dir auf Webseiten für Gehaltsvergleiche einen Überblick verschaffen. Hier gibt es sowohl allgemeine als auch branchenspezifische Seiten – nimm dir Zeit, ein paar auszuprobieren, damit du dir wirklich ein gutes Bild machen kannst. Beantworte möglichst viele Fragen zu deinem Hintergrund, deinen Skills und Erfahrungen. Auf dieser Basis erhältst du schliesslich einen Bericht, aus dem hervorgeht, was andere im Mittel in der betreffenden Position bezahlt bekommen.
Berücksichtigt werden bei guten Vergleichsseiten diverse Kriterien wie der Arbeitsort, der Sektor, die Unternehmensgrösse usw. Oft ist das Gehalt auch nach Geschlecht ausgewiesen. Für die Frauen gilt: Wählt den Männer-Wert als Basis für eure Gehaltsverhandlung, es ist 2015!
2. Dein letztes Gehalt ist unwichtig
Wenn du dein Auto oder dein Fahrrad verkaufst, interessiert niemanden, was du einmal dafür bezahlt hast. Potenzielle Käufer werden vielmehr das Internet durchforsten und herausfinden, was andere Anbieter für ein vergleichbares Produkt verlangen. Die Wertermittlung erfolgt also im Hier und Jetzt – so ist es auch bei der Gehaltsverhandlung.
Trotzdem kann es passieren, dass du nach deinem aktuellen bzw. letzten Gehalt gefragt wirst. Je nach Situation gibt es hier verschiedene Möglichkeiten, mit dieser Frage umzugehen:
„Mein aktuelles Jahresgehalt beträgt 60.000€. Ich habe mich über die Gehälter für die Position informiert, die ich in den letzten Jahren bekleidet habe, und die Einstiegsgehälter liegen inzwischen bereits bei 75.000€."
«Gerne kann ich Ihnen mein aktuelles Gehalt nennen: Ich bekomme 60.000€ brutto, mit einem zusätzlich garantierten Bonus von 25% - abhängig von der Unternehmensleistung – und einem Leistungsbonus zwischen 10.000 und 15.000€. Letztes Jahr lag mein Bonus im oberen Bereich, weil meinem Arbeitgeber bewusst ist, dass ich unterbezahlt bin und er auf diesem Weg meine Bezahlung dem Marktwert angleichen konnte, ohne den Gehaltsbogen der Firma zu überspannen.»
Auch wenn das Gehalt ein ausschlaggebender Grund für deinen Jobwechsel ist, kannst du das ruhig offen zugeben (natürlich ohne dich als geldgierig darzustellen):
«Ich bin an die Gehaltsobergrenze meiner Firma gestossen und möchte gerne zu einem Unternehmen wechseln, das seine bestehenden Mitarbeiter ebenso gut bezahlt wie neu eingestellte.»
Aus erfahrenen Kreisen hört man immer wieder, dass eine Gehaltsverhandlung nicht wirklich begonnen hat, bevor das erste «Nein» gefallen ist. Ein negatives Feedback zu deiner Gehaltsvorstellung bedeutet meist einfach, dass die Möglichkeiten deines Verhandlungspartners überschritten sind. Um das Problem zu lösen, solltest du dich nun von deiner kooperativen Seite zeigen. Hier einige Möglichkeiten, wie du auf ein «Nein» reagieren kannst:
"Ich würde mich sehr über die Möglichkeiten freuen, die sich in Ihrem Unternehmen für mich bieten. Natürlich bin ich in erster Linie an der Stelle und den Aufgaben interessiert. Allerdings muss ich auch meinen Verbindlichkeiten nachkommen können. Gibt es einen bestimmten Grund dafür, dass das Unternehmen nicht den üblichen Marktpreis für diese Position zahlt?“
«Es ist sicherlich nicht einfach, diese Position mit einer Vergütung unter Marktwert zu besetzten. Würde es vielleicht helfen, einen weiteren Verantwortlichen mit in die Unterhaltung einzubeziehen?»
«Ich weiss, wie schwierig es ist, mit einem kleinen Budget das richtige Personal einzustellen. Kann ich etwas tun, um Ihnen zu helfen, eine Ausnahme für diese wichtige Position machen zu können?»
«Gibt es feste Richtlinien für die Gehaltsgrenzen dieser Position? Wenn dem so ist, bin ich auch bereit, über Sonderzahlungen oder ein Bonussystem zu verhandeln.»
4: Du bekommst nicht, was du verdienst; du bekommst, was du aushandelst
Diese Phrase hast du wahrscheinlich schon zig mal gelesen – weil es stimmt. Um noch mal auf dein Fahrrad zurückzukommen: Ist es fair, das alte Ding für das Doppelte des Originalpreises weiterzuverkaufen? Nein. Nimmst du den Betrag trotzdem, wenn jemand bereit ist, ihn zu zahlen? Genau. Preise und Gehälter haben oft wenig damit zu tun, was fair ist. Vielmehr geht es um eine Kombination aus dem Marktwert, dem Verhandlungsansatz und der Fähigkeit zur Problemlösung.
Also: Finde deinen Marktwert durch Onlinerecherchen heraus, hör dir die Vorstellungen deines zukünftigen Arbeitgebers an und beginn eine Unterhaltung, die eine Übereinkunft zulässt. Und denk immer daran, die Verhandlung auf faktischen Argumenten und objektiven Werten, nicht auf emotionalen oder persönlichen Wertungen aufzubauen. Viel Erfolg!